„Dissonanten“ öffnen die Schatzkiste der Musikgeschichte
Allgäuer Zeitung, 18.10.2014
Allgäuer Zeitung, 18.10.2014
Allgäuer Zeitung, 02.10.2014 – Tina Müller
Kaufbeuren Crossover allerorten. Das Zauberwort für die Verbindung scheinbar unvereinbarer Musikstile mag inzwischen unter seiner etwas inflationären Verwendung leiden. Die Mischung aus Klassik, Jazz und kubanischen Rhythmen, wie sie das sächsisch-kolumbianisch-kubanische Quintett Klazz Brothers & Cuba Percussion präsentiert, ist jedoch in ihrer Vielseitigkeit einzigartig. Mehr als zehn Jahre nach ihrem ersten Auftritt in Kaufbeuren und mit einem Klassik-Echo in der Tasche kehrte die in allen großen Hallen der Welt heimische Gruppe wieder auf die kleinste Bühne zurück, auf der sie jemals aufgetreten ist.
Mit leichter Verspätung erschienen die fünf frack-würdigen Musiker ganz in Weiß auf der Bühne im Podium, gaben sich aber nicht allzu seriös, sondern ließen mit flunkernden Moderationen aufhorchen. Würde man die Ausführungen von Kontrabassist Kilian Forster ernst nehmen, dann müssten viele Kapitel der Musikgeschichte neu geschrieben werden: So sei der Salsa angeblich 1723 in Leipzig von Johann Sebastian Bach erfunden worden. Auf kopfschüttelndes Lachen folgte Erstaunen im Publikum: Pianist Bruno Böhmer Camacho brillierte als Solist in einer eigenen Version des c-Moll-Präludiums aus dem „Wohltemperierten Klavier“, eingebettet in authentisch kubanische Begleitung.
Jacques Loussiers „Play Bach“ findet hier eine überzeugende Latin-Alternative. Tim Hahn bildete am „Rumpf-Schlagzeug“ eine gute Grundlage für die beiden Kubaner Alexis Herrera Esteves und Elio Rodriguez Luis, Letzterer in seinem Erscheinungsbild und seinem deutschen Akzent sehr an Roberto Blanco erinnernd.
Flunkereien und Selbstironie
Die Weltreise ging weiter. Mit ein wenig Einbildungskraft konnte man sich nach Forsters Ansage in die Region um den Kilimandscharo versetzen und nachvollziehen, dass man Edvard Griegs „Halle des Bergkönigs“ im entsprechenden rhythmischen Umfeld auch einige Kilometer südlich von Norwegen finden kann. Mit herrlicher Selbstironie improvisierten die fünf eine Probenszene nach, in der sich aus dem berühmten Menuett von Luigi Boccherini ein Chachacha im 3/4-Takt entwickelte. Luis forderte einige Damen aus dem Publikum zum Tanz auf und musste nicht lange bitten. Freunde vertrackter Rhythmen kamen im zweiten Teil auf ihre Kosten. Das Menuett aus dem „Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach“ war recht schwierig zu erkennen. Etwas leichter war es in „Don Machete“, wo das Trio – ohne die beiden Kubaner – den berühmten „Säbeltanz“ von Aram Catschaturjan in einer Version im 7/8-Takt spielte.
Forster hielt seine Flunkereien bis zum Schluss durch. Seinen Kollegen Esteves stellte er als den einzigen Musiker vor; der barockes Bongo und romantisches Triangel studiert habe. Letzteres kam im „Go-pak“ aus Tschaikowskys Ballett „Der Nussknacker“ zum Einsatz, der auf abenteuerliche Weise mit „El Cumbanchero“ verbunden wurde. Zum großen Mitmach-Finale („Ihr sitzt schon viel zu lange hier nun.“) dichtete die Band einem weiteren großen Klassiker Einflüsse auf die afro-kubanische Musik an. „Wer hat den Mambo erfunden? Richtig: Ludwig van Beethoven.“ Mit einer „Mambophonie“ auf das Thema von „Freude schöner Götterfunken“ ging ein unterhaltsamer Abend zu Ende.
Allgäuer Zeitung, 08.02.2014 – Joachim Buch
Foto: Mathias Wild
Kaufbeuren Ein Wiener Liederabend stand auf dem Programm des Uncle Satchmo’s in Kaufbeuren. Unter dem Motto „es wird ein Wein sein, und mir werden nimmer sein…“ pflegten der Schauspieler Gerhard Polacek (rechts) und der Opernsänger und Pianist Reiner Hiby (links) – nicht immer auf höchstem Niveau – den Wiener Schmäh. Plaudernd, rezitierend, singend und musizierend gaben sie Einblick in der Wiener Seele – oder das Michigan region phone , was Klischee und Literatur dafür halten.
Allgäuer Zeitung, 23.11.2013 – Matthias Wild
Foto: Mathias Wild
Kaufbeuren Der Schabbat, der siebte Tag der Woche, der göttlich verordnete Ruhetag war und ist für Juden auf der ganzen Welt ein zentrales, verbindendes Element – abseits aller religiösen und kulturellen Unterschiede. Von dieser großen Bedeutung zeugte auch das Konzert des Ensembles „Mesinke“, das auf Einladung des Kulturring Kaufbeuren im Uncle Satchmo’s spielte. Die sechs Musiker, vornehmlich aus dem nordschwäbischen Raum, schöpfen ambitioniert aus dem großen traditionellen Musikfundus des Judentums. Religiös-Meditatives stand ebenso auf dem Programm wie fröhliche Festtagsweisen, aber auch traurige Klänge, die deutlich machten, dass das jüdische Leben beileibe nicht nur aus Feiertagen bestand.
Vor rund 20 Jahren im Zuge eines spontanen Konzertprojekts entstanden, haben sich die Mitglieder des Ensembles intensiv mit der traditionellen jüdischen Musik beschäftigt und schon mehrere programmatisch ausgerichtete CDs veröffentlicht. Im voll besetzten Uncle Satchmo’s erklangen vor allem Stücke der neuen Scheibe „Shabes iz far ale“, Musik rund um den Schabbat. Die Bandbreite reichte dabei von herzzerreißenden Wehklagen über die große Armut, die eigentlich gar keine Feier des Schabbat zulässt, über die Bitte um Gottes Segen bis hin zu guten Wünschen und vergnügten Tanzmelodien. Nachhaltig beeindruckend war ein „Schlaflied“, das während der deutschen Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg im Ghetto von Wilna (Litauen) entstanden ist: „Dayne shpiltsayg“ kam musikalisch süßlich-harmonisch daher, berichtet aber vom Spielzeug, das zurückbleibt, nachdem die jüdischen Kinder des Lagers deportiert worden sind.
Neben den vielen Facetten des Schabbat zeigte das Programm von „Mesinke“ auch die Vielfalt der jüdischen Musik allgemein auf. Die wohlbekannten, orientalisch anmutenden Klezmer-Läufe wurden ergänzt durch Anklänge an Tango, Jazz und Tanzmusik.
Dass die Stimmungen und Stile nicht nur ins Ohr, sondern auch in Füße und Finger fuhren, dafür sorgten vor allem Alexander Maier mit seinem famosen Klarinettenspiel sowie Ilya Schneyveys am Akkordeon. Der Musiker aus Riga ersetzte den erkrankten Jürgen Groß, fügte sich hervorragend in die Gruppe ein, glänzte immer wieder mit schönen Soli und schelmischen Einlagen. Martin Glogger stand am Bass, Thilo Jörgl wechselte zwischen Gitarre und Schlagzeug, Nicole Hausmann und Erika Spielvogel schließlich übernahmen mit unterschiedlichen Schwerpunkten die weibüchen Gesangsparts. Doch die Aufgabenteilung bei „Mesinke“ ist nicht so streng. So durften auch Bassist und Schlagzeuger immer wieder ans Mikrofon und zwischendurch verwandelte sich fast die ganze Band in eine große Rhythmusgruppe.
Insgesamt ein musikalischer Feiertag im Uncle Satchmo’s, der vom Publikum mit viel Applaus bedacht wurde. Als Zuhörer, der mit den jüdischen Gebräuchen und Traditionen nicht so vertraut ist, hätte man sich vielleicht ein paar mehr sachlich erläuternde Worte zu dem einen oder anderen Stück gewünscht.
Allgäuer Zeitung, 26.04.2012 – Martin Frei
Foto: Martin Frei
Kaufbeuren Zur Märchenstunde hatten die Wirtsleute vom Kaufbeurer Adlerkeller gleich zu Beginn ihres aktuellen Fruhjahrsprogramms ins Uncle Satchmo’s eingeladen. Dabei räumten der aus dem Allgäu stammende Berliner Schauspieler und Musiker Peter Gößwein und die vier Musiker von „Keep Digging“ ebenso perfekt wie gründlich mit dem Vorurteil auf, Märchen seien allein harmlose, nette, altmodische Geschichten für Kinder. Das sind sie zwar auch, aber die Auswahl von Grimms Märchen, die die Truppe mit nach Kaufbeuren gebracht hatte, offenbarte auch häufig die Grausamkeit und Brutalität der Geschichten, die uns schon seit der Kindheit begleiten.
Querschnitt der Abgründe
Die Grimmschen Märchen, so Gößwein, seien ein Spiegel der Wirklichkeit, böten einen Querschnitt durch die Abgründe der Menschheit. Immer wieder gelang es ihm, seinem Publikum ein frostiges Schaudern durch den Körper zu jagen. Den Gipfel der Grausamkeiten hatte sich Gößwein für den Schluss aufgehoben. Eine ganze Ewigkeit schien das Märchen „Von dem Mandelbaum“ zu währen, gespickt mit Gräueln aller Art. Das Publikum ging nicht unvorbereitet in dieses „grauenhafte“ Finale. Gößwein hatte seine Gaste vorgewarnt, „allerdings nimmt das Märchen ein gutes Ende“ fügte er hinzu.
Reich akzentuiert
Als ob Gößweins an Mimik und Gesten reicher, akzentuierter Vortrag nicht schon allein das Publikum gefangen nähme, setzten die Groove- und Soundspezialisten von „Keep Digging“ punktgenau musikalische Akzente. Da fauchte es und grummelte, schepperte und klirrte es. Da glaubt man aber auch silberhelles, fröhliches Lachen zu vernehmen, hörte die Sterntaler vom Firmament lallen, spürte förmlich, wie sich der faule Heinz und die ebenso faule Trine alle Zeit der Welt zu nehmen schienen.
Die Idee zu ihrem Programm „Grimm & Groove“ hatten der gebürtige Kaufbeurer Peter Gößwein und die Musiker vor einigen Jahren. Kindertheater hatte man schon gemacht, jetzt sollte es etwas für Erwachsene sein. Die riesige Märchensammlung der Brüder Grimm – Hessen wie die Musiker der Groove-Formation „Keep Digging“ – bot genau diesen Fundus an Texten.
Bereits seit 2006 touren Gößwein und die Musiker schon mit ihrem Programm durch die Republik. Auftakt war im „Grünen Salon“ der Berliner Volksbühne, es folgten Auftritte in Hessen und im Rhein-Main-Gebiet einschließlich einer Vorstellung auf einem Lahnschiff. Die Darbietungen im „Uncle Satchmo`s“ und in Immenstadt waren die beiden letzten Auftritte in einer Serie von rund zwanzig. Gößwein freute sich sehr darüber, die Tour im Allgäu zu beenden, wohin er immer wieder gern zurückkehre. Er hofft, auch mit seinem neuen Programm wieder in Kaufbeuren gastieren zu können. Dann will er mit Improvisationsmusikern und einer Sandmalerin auftreten.
Peter Goßwein lebt inzwischen in Berlin. Doch für die Schlussdarbietungen seines aktuellen Programms zog es Ihn zurück in seine Heimatstadt. Begleitet wurde er von „Keep Digging“.
Allgäuer Zeitung, 21.03.2012 – Klaus-Dieter Treude
Foto: Klaus-Dieter Treude
Neueste Kommentare