Das Urgestein des Jazz

Das Urgestein des Jazz

Max Greger und Hugo Strasser spielen sich im Satchmo’s warm

Was sind das doch für klingende Namen: Max Greger und Hugo Strasser! Ja sicher, wird man denken California region phone , früher, aber heute haben sie sich doch längst aus dem Geschäft zurückgezogen. Denkste! Am Wochenende waren sie live zu hören und zu sehen und wärmten sich im Satchmo’s für ihre Tournee auf, die in Kürze in Hamburg beginnt. Es hätten sogar drei Urgesteine des deutschen Jazz sein können, wenn Ambros Seelos nicht aus gesundheitlichen Gründen hätte absagen müssen. Zusammen mit der Band von Max Greger jun. berauschten Papa Max (75) und Hugo Strasser (79) das Publikum im Adlerkeller.

Zwei Stücke hatte die Band – bestehend aus Max Greger jun. (Keybord), Rocky Knauer (Kontrabass) und Max Kinker (Schlagzeug) – vorgelegt, als der Altstar Greger die „Showtreppe“ herunter stieg und von mächtigem Beifall empfangen wurde. „Ich freue mich“, sagte er mit charmantem Lächeln an die Gastgeberin, „endlich wieder bei Yvonne zur Besichtigung freigegeben zu werden“. Die Absage von Seelos kompensierte Greger mit dem Versprechen: „Wir sind dafür heute super drauf!“ und drohte folgerichtig an: „Sie brauchen viel Zeit!“ Die nächsten 3 Stunden nutzten die Musiker, den Wahrheitsgehalt dieser Ankündigung zu beweisen. Galant und gewitzt führten Greger und Strasser durchs Programm, erfüllten in der Pause geduldig Autogrammwünsche und machten klar, dass sie auch musikalisch kaum etwas verlernt haben.

Mit Titeln aus längst vergangenen Tagen, darunter „Tequilla“, „Sentimental journey“ oder „Bei mir bist du scheen“, weckten sie beim Großteil des Publikums alte Erinnerungen und tiefe Emotionen. Kaum ein Lied, das nicht vom Publikum mitgesungen oder mitgesummt wurde, ohne dass Stammtischgeschunkel oder Bierzeltatmosphäre aufkam. Der Abend war zudem ein klarer Werbefeldzug für das Alter – mit praktischen Tipps zum richtigen Umgang mit dem Altwerden. Auf eine kurze Formel gebracht: Steh zu deinen Jahren, kokettiere damit und trag es auf jeden Fall mit Humor.

Atemberaubend

Eine klasse Vorstellung bot zudem Max Kinker am Schlagzeug. Man munkelte gar, der gebürtige Marktoberdorfer soll gedopt gewesen sein, als er zu einem atemberaubenden Solopart ansetzte und mehrere Minuten lang sein Schlagzeug auf Herz und Nieren prüfte. Kein Rhythmuswechsel, kein Tempo und kein Break, das irgendwie außer Kontrolle geraten wäre. Die anderen Bandmitglieder hatten mittlerweile längst beschäftigungslos die kleine Bühne verlassen, als Kinker sein Schlagzeug mit dem Kontrabass tauschte. Wie zwei Lausbuben standen sie da, Max Greger sen. und Max Kinker und machten sich zusammen über das unschuldige Instrument her. Der Kontrabass hatte indes auch zuvor schon unter der fingerfertigen Behandlung von Rocky Knauer erstaunliche Soli hören lassen. Die hervorragend harmonierende Band komplettierte Max Greger jun., „das beste Stück“, das sein Vater nach eigenen Worten je hervorgebracht hat. Nach drei Stunden harter Bühnenarbeit, sehr harter, wie die durchnässten Hemden der Musiker bewiesen, bat Greger sen. im Namen des Ensembles, wem das Konzert nicht gefallen habe, der solle darüber schweigen, wem es gefallen habe, der solle es doch weiter sagen. Und: Schweigen war hier nicht geboten.

01.03.2002 – Michael Bauer

Schinderhannes / Moon Orchestra

Schinderhannes / Moon Orchestra

Zwei sehr konträre Abende mit Rockmusik waren am vergangenen Wochenende im Kaufbeurer Satchmo’s zu erleben. Mit „Schinderhannes“ stellte zunächst eine zutiefst bairische Band ihre neue CD „Himmelfahrt“ vor. Den aus dem Leben gegriffenen Texten und Themen merkt man noch den „Liedermacher“-Ursprung von Schinderhannes an, bairisch – direkt gehts dabei um den blauen Himmel, Luftschlösser, Pfaffen, Dirnen und jedermannes kleine Verklemmtheiten.

Wie schon vor einem guten Jahr kam die festivalerprobte Gruppe mit minimaler technischer Ausstattung, an Schlagzeug und Baß jedoch waren mit Michael Eber und Markus Paul zwei excellente neue Musiker zu hören. Ob erdiger Groove oder Ballade mit sanften Keyboardklängen von Marco Köstler, der Sound war perfekt, und die Akzente wurden in feinster Rockermanier von Sänger und Bandgründer Hannes Ringlstetter gesetzt. Der springt, tritt und boxt in die Luft wie ein Wilder und versteht es vortrefflich, seine offensichtliche Freude an seinem Tun auch dem Zuhörer zu vermitteln. Er schafft es, ebenso frech wie freundlich, vom ersten Augenblick an in Kontakt mit dem Publikum zu sein – „wenn es hier im Club nicht funktioniert, dann funktioniert es auch sonst nirgends!“ An seiner Seite steht wie seit Jahren Gitarrist Jochen Goricnik, ruhig und oft hinter den langen Haaren versteckt, aber um so flinker mit den Fingern auf der Gitarre.

Programmatisch gänzlich anders dann der Samstag: Mit dem „Moon Orchestra“ um Sänger und Komponist Niki Hellenbroich stand viel Hi-Tech im Club. Komplex durchkomponierte Rockmusik, ein wenig an „Queen“ erinnernd, war angesagt und schöne Klangteppiche und Soundeffekte aus Thomas Oehlers vier Keyboards, etliche akustische und elektrische Gitarren von Uli Hofmann und Daniel Schusterbauer, Christoph Weigolds Baß und Dirk Feuchters umfangreiches Schlagzeug mußten am Mischer koordiniert werden.

Das Ergebnis war musikalisch beachtlich, sowohl für den Kopf in Form von ungeraden 7/4 Rhythmen, anspruchsvollen englischen Texten und schönen Arrangements als auch für den Bauch in Form satter Grooves, wobei hier die markante Gitarrenarbeit im Zusammenspiel mit den Rhythmikern hervorzuheben ist. Hier sind professionelle Tüftler am Werk, die zu Recht des öfteren schon Vorgruppe von Manfred Manns „Earth Band“ waren, zu dem auch sonst langjährige musikalische Beziehungen bestehen.

Niki Hellenbroich sang zunächst aus dem Hintergrund des Raumes, arbeitete sich langsam durchs Publikum nach vorne und versuchte durch Quizfragen und Plattenverlosung in Kontakt mit der Hörerschaft zu gelangen. Leider sind seine Entertainerqualitäten längst nicht so gut wie seine Stimme und seine Fähigkeiten als Komponist, so daß der Funke nicht so recht überspringen wollte.

23./24.11.2001 – Klaus Büttermann

Benefiz – 4 Jahre Uncle Satchmo’s

Benefiz – 4 Jahre Uncle Satchmo’s

Vier Jahre besteht jetzt schon der Kellerclub Uncle Satchmo’s in Kaufbeuren, und wie schon in den vergangenen Jahren veranstalteten die Wirtsleute Yvonne Rech und Rudi Mergenthaler zum Geburtstag eine große Benefizgala zugunsten der Klasse 2000. Dies ist ein weiterhin sehr Hauptschulen, das nach Aussage des Festredners Dr. Peter Gleichsner einen statistisch gut nachweisbaren Effekt auf den Suchtmittelkonsum der Schulkinder ausübt und im Kaufbeurer Raum so flächendeckend wie beinahe nirgends sonst eingeführt ist.

Durch den Abend führte wie immer Gitarrist Mandy Lotter, der nur mit Mühe die in großer Zahl angereisten Interpreten (die sämtlich zugunsten der Klasse 2000 auf ihre Gagen verzichteten) alle im Programm unterbringen konnte. Die Liedermacher Trollius Weiss und Willi Sommerwerk sorgten gleich zu Beginn für gute Laune mit einer amüsanten Instruktion zur „Aktivierung des Basis-Chakra“, danach gab es Rock mit „Robespierre“, Swing von der Hausband, afrikanische Djembe und Didgeridoo, australische Folksongs, Musicalhits mit „Star People“ und als Stargast den südafrikanischen Tenor Joe Curtis. Dieser, lange Zeit mit Ambros Seelos auf Tour, zeigte in Begleitung von teilweise Playback, teilweise Sessionband makellos mitreißende Interpretationen etwa von „Summertime“ oder „Amen“.

Dann wie immer die große Tombola, in der neben etlichen von umliegenden Firmen gestifteten Sachpreisen eine Ballonreise und sieben Wochenenden mit Candlelight-Dinner zu gewinnen waren, gestiftet großteils von früheren Gewinnern des Gastro-Award, den dieses Jahr Uncle Satchmo’s ergattert hatte. Hauptgewinn war ein 5-Sterne-Weekend mit Luxus-Audi, und entsprechend strahlte auch die glückliche Gewinnerin.

Lange nach Mitternacht wurden dann die Reihen lichter, doch mit erdigem Blues von dem Trio „Blues District“ kam dann noch ein lauter Knaller, und zu guter Letzt überraschten noch die Newcomer „Red Blooms“ mit pfiffigem 20er-Jahre-Blues, der die verbliebenen Gäste nochmal zu einem Begeisterungssturm hinriss – es war der erste Auftritt der Band!

09.11.2001 – Klaus Büttermann

Busenwachstum bei Applaus

Busenwachstum bei Applaus

Ein frecher Travestie-„Cocktail“ im Uncle Satchmo’s

Kaufbeuren Ein musikalisches Showprogramm mit einer Mischung aus Livegesang und Playback gab es im Uncle Satchmo’s beim Travestie-„Cocktail“ mit Christin Caliandro und Chantal Gelantine.

Wenn ein gewisser Robert die Bühne betritt, ist jedem klar, er ist ein Mann. Die Haare kurz und mit rasierten Mustern durchsetzt, zweifelt daran niemand. Doch während er wehmütig das Lied von der Verwandlung der grauen Maus zum schönen Schwan singt, wird klar, wie klein die Spanne zwischen „weiblich“ und „männlich“ sein kann. Aus Robert wird in kurzer Zeit Chantal Gelantine im eleganten Abendkleid mit wallenden roten Haaren.

Spätestens, als Christin Caliandro als blonder Vamp im hautengen, ausgefallenen Outfit kundtut, dass sie Männer mit Muskeln, die ein bisschen brutal sind, liebt, weiß man nicht mehr, ob man einen Künstler oder eine Künstlerin vor sich hat. Die endlos scheinenden schönen Beine, der Busen, der laut Christin mit dem Applaus wächst, lassen alle Fragen offen. Die Komödianten nehmen nicht nur sich selbst, sondern auch das Publikum auf die Schippe. Sie setzen sich den Herren ungeniert auf den Schoß und locken „Komm zu Onkel Tante“, sie würzen die Show mit vielen Anzüglichkeiten, frechen Sprüchen und frivolen Gesten. Der Herr mit den Rentieren auf dem Pullover wird ebenso wenig verschont wie ein junger Mann, der auf die Bühne entführt wird. Seine Erleichterung, als ihm Christin die Hose lässt, ist gut nachfühlbar.

Doch trotz aller Komik und Parodie bieten die beiden Künstler(innen) auch ein musikalisches Plädoyer für mehr Toleranz gegenüber dem „Anderssein“. Mit dem umgetexteten Lied „Ob du so oder so oder anders bist, das ist doch ganz egal“ und dem Stück „Mann oder Frau, wer weiß das genau?“ endete ein abwechslungsreiches Programm.

 

Allgäuer Zeitung, 12.10.2001 – Anke Graupner-Vycichlo