Ronny Hill (20.10.2012)
Musikalischer Feiertag
Kulturring: „Mesinke“ spielen im Uncle Satchmo’s Stücke rund um den Schabbat
Kaufbeuren Der Schabbat, der siebte Tag der Woche, der göttlich verordnete Ruhetag war und ist für Juden auf der ganzen Welt ein zentrales, verbindendes Element – abseits aller religiösen und kulturellen Unterschiede. Von dieser großen Bedeutung zeugte auch das Konzert des Ensembles „Mesinke“, das auf Einladung des Kulturring Kaufbeuren im Uncle Satchmo’s spielte. Die sechs Musiker, vornehmlich aus dem nordschwäbischen Raum, schöpfen ambitioniert aus dem großen traditionellen Musikfundus des Judentums. Religiös-Meditatives stand ebenso auf dem Programm wie fröhliche Festtagsweisen, aber auch traurige Klänge, die deutlich machten, dass das jüdische Leben beileibe nicht nur aus Feiertagen bestand.
Vor rund 20 Jahren im Zuge eines spontanen Konzertprojekts entstanden, haben sich die Mitglieder des Ensembles intensiv mit der traditionellen jüdischen Musik beschäftigt und schon mehrere programmatisch ausgerichtete CDs veröffentlicht. Im voll besetzten Uncle Satchmo’s erklangen vor allem Stücke der neuen Scheibe „Shabes iz far ale“, Musik rund um den Schabbat. Die Bandbreite reichte dabei von herzzerreißenden Wehklagen über die große Armut, die eigentlich gar keine Feier des Schabbat zulässt, über die Bitte um Gottes Segen bis hin zu guten Wünschen und vergnügten Tanzmelodien. Nachhaltig beeindruckend war ein „Schlaflied“, das während der deutschen Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg im Ghetto von Wilna (Litauen) entstanden ist: „Dayne shpiltsayg“ kam musikalisch süßlich-harmonisch daher, berichtet aber vom Spielzeug, das zurückbleibt, nachdem die jüdischen Kinder des Lagers deportiert worden sind.
Neben den vielen Facetten des Schabbat zeigte das Programm von „Mesinke“ auch die Vielfalt der jüdischen Musik allgemein auf. Die wohlbekannten, orientalisch anmutenden Klezmer-Läufe wurden ergänzt durch Anklänge an Tango, Jazz und Tanzmusik.
Dass die Stimmungen und Stile nicht nur ins Ohr, sondern auch in Füße und Finger fuhren, dafür sorgten vor allem Alexander Maier mit seinem famosen Klarinettenspiel sowie Ilya Schneyveys am Akkordeon. Der Musiker aus Riga ersetzte den erkrankten Jürgen Groß, fügte sich hervorragend in die Gruppe ein, glänzte immer wieder mit schönen Soli und schelmischen Einlagen. Martin Glogger stand am Bass, Thilo Jörgl wechselte zwischen Gitarre und Schlagzeug, Nicole Hausmann und Erika Spielvogel schließlich übernahmen mit unterschiedlichen Schwerpunkten die weibüchen Gesangsparts. Doch die Aufgabenteilung bei „Mesinke“ ist nicht so streng. So durften auch Bassist und Schlagzeuger immer wieder ans Mikrofon und zwischendurch verwandelte sich fast die ganze Band in eine große Rhythmusgruppe.
Insgesamt ein musikalischer Feiertag im Uncle Satchmo’s, der vom Publikum mit viel Applaus bedacht wurde. Als Zuhörer, der mit den jüdischen Gebräuchen und Traditionen nicht so vertraut ist, hätte man sich vielleicht ein paar mehr sachlich erläuternde Worte zu dem einen oder anderen Stück gewünscht.
Allgäuer Zeitung, 26.04.2012 – Martin Frei
Foto: Martin Frei
Rüde Märchenstunde
Unclc Satchmo’s: Der gebürtige Kaufbeurer Peter Gößwein bietet eine gepfefferte Auswahl der Gebrüder Grimm
Kaufbeuren Zur Märchenstunde hatten die Wirtsleute vom Kaufbeurer Adlerkeller gleich zu Beginn ihres aktuellen Fruhjahrsprogramms ins Uncle Satchmo’s eingeladen. Dabei räumten der aus dem Allgäu stammende Berliner Schauspieler und Musiker Peter Gößwein und die vier Musiker von „Keep Digging“ ebenso perfekt wie gründlich mit dem Vorurteil auf, Märchen seien allein harmlose, nette, altmodische Geschichten für Kinder. Das sind sie zwar auch, aber die Auswahl von Grimms Märchen, die die Truppe mit nach Kaufbeuren gebracht hatte, offenbarte auch häufig die Grausamkeit und Brutalität der Geschichten, die uns schon seit der Kindheit begleiten.
Querschnitt der Abgründe
Die Grimmschen Märchen, so Gößwein, seien ein Spiegel der Wirklichkeit, böten einen Querschnitt durch die Abgründe der Menschheit. Immer wieder gelang es ihm, seinem Publikum ein frostiges Schaudern durch den Körper zu jagen. Den Gipfel der Grausamkeiten hatte sich Gößwein für den Schluss aufgehoben. Eine ganze Ewigkeit schien das Märchen „Von dem Mandelbaum“ zu währen, gespickt mit Gräueln aller Art. Das Publikum ging nicht unvorbereitet in dieses „grauenhafte“ Finale. Gößwein hatte seine Gaste vorgewarnt, „allerdings nimmt das Märchen ein gutes Ende“ fügte er hinzu.
Reich akzentuiert
Als ob Gößweins an Mimik und Gesten reicher, akzentuierter Vortrag nicht schon allein das Publikum gefangen nähme, setzten die Groove- und Soundspezialisten von „Keep Digging“ punktgenau musikalische Akzente. Da fauchte es und grummelte, schepperte und klirrte es. Da glaubt man aber auch silberhelles, fröhliches Lachen zu vernehmen, hörte die Sterntaler vom Firmament lallen, spürte förmlich, wie sich der faule Heinz und die ebenso faule Trine alle Zeit der Welt zu nehmen schienen.
Die Idee zu ihrem Programm „Grimm & Groove“ hatten der gebürtige Kaufbeurer Peter Gößwein und die Musiker vor einigen Jahren. Kindertheater hatte man schon gemacht, jetzt sollte es etwas für Erwachsene sein. Die riesige Märchensammlung der Brüder Grimm – Hessen wie die Musiker der Groove-Formation „Keep Digging“ – bot genau diesen Fundus an Texten.
Bereits seit 2006 touren Gößwein und die Musiker schon mit ihrem Programm durch die Republik. Auftakt war im „Grünen Salon“ der Berliner Volksbühne, es folgten Auftritte in Hessen und im Rhein-Main-Gebiet einschließlich einer Vorstellung auf einem Lahnschiff. Die Darbietungen im „Uncle Satchmo`s“ und in Immenstadt waren die beiden letzten Auftritte in einer Serie von rund zwanzig. Gößwein freute sich sehr darüber, die Tour im Allgäu zu beenden, wohin er immer wieder gern zurückkehre. Er hofft, auch mit seinem neuen Programm wieder in Kaufbeuren gastieren zu können. Dann will er mit Improvisationsmusikern und einer Sandmalerin auftreten.
Peter Goßwein lebt inzwischen in Berlin. Doch für die Schlussdarbietungen seines aktuellen Programms zog es Ihn zurück in seine Heimatstadt. Begleitet wurde er von „Keep Digging“.
Allgäuer Zeitung, 21.03.2012 – Klaus-Dieter Treude
Foto: Klaus-Dieter Treude
Showprofis groß in Fahrt
Satchmo’s Weihnachtliche Reise mit Max Kinker, Arturo Perez, Wolfgang Gleixner und Berivan Kaya führt sogar in den Knast
Kaufbeuren Mit den Vollblutmusikern Max Kinker (Schlagzeug, Trompete), Arturo Perez (Keyboard, Akkordeon) und Wolfgang Gleixner (Bass und diverse andere Saiteninstrumente) sowie der bekannten Münchner Film-, Fernseh- und Theaterschau-spielerin Berivan Kaya begeisterten vier absolute Showprofis ihr Publikum im Uncle Satchmo’s. Bereits vor fast 15 Jahren sorgten die Musiker – damals noch als „Trio Intakt“- in Kaufbeuren für den guten Ton. Mit ihrem jüngsten Auftritt in der Wertachstadt starteten die vier Künstler nun ihr aktuelles Projekt „Christmas Around The World“.
Auf ihrer musikalischen Winter- und Weihnachtsreise machte das Quartett Station in Kanada, Irland und England, Russland, Deutschland, Italien, Chile und den USA. Mit David Fosters „Winter Games“, der Hymne der Olympischen Winterspiele im kanadischen Calgary 1988, begann die Reise und wurde mit „Sleigh Ride“, einem echten Weihnachts-Klassiker aus Irland fortgesetzt. Auf der grünen Insel an-gekommen erzählte Kaya die Geschichte vom einsamen Handelsvertreter, der sich im Hotel (falsche) Hoffnungen auf eine Lady macht. „Eine schöne Bescherung“ lautet der mehrdeutige Titel der Erzäh¬lung von John B. Keane.
Nach dem irischen Weihnachtslied „I Saw Three Ships“ ging die Reise weiter nach England, musikalisch unschwer am „Miss Marple Thema“ zu erkennen. In Charles Dickens‘ „Der Geist der Weihnacht“ erzählt dieser die Geschichte vom geizigen, herzlosen Geschäftemacher Ebenezer Scrooge, der sich zum gütigen älteren Herren wandelt. Wie bei allen anderen Ge-schichten und Gedichten an diesem Abend wusste Kaya die Zuhörer durch ihren wunderbaren Vortrag zu fesseln. Zart und bitterböse zu-gleich interpretierte sie zum Beispiel Loriots „Advent“, gefolgt von einem swingenden Medley bekannter deutscher Weihnachtslieder. Mit Maxim Gorkis Geschichte vom fremden Kind wurde es dann ganz russisch und „ Haindling“-Bassist Gleixner bewies seine außerordentliche Professionalität auch an der Balalaika. Es blieb besinnlich mit dem Tiroler Weihnachtslied „Es wird scho glei dumpa“ – hier brillierte Kinker auch an der Trompete — und Ludwig Thomas „Licht in der
heiligen Nacht“. Dann aber drehten die Vier auf. Zunächst mit der Eigenkomposition „Weihnacht im Knast“, gefolgt von einem entfesselten „Si no me dan beber lloro“ („Wenn ich nichts zu trinken bekomme, weine ich“), einem Weihnachtslied aus Perez‘ südamerikanischer Heimat. Da war Stimmung angesagt – genau die richtige Überleitung zu den Briefen italienischer Kinder an das Christkind, aus denen Kaya zitierte. Natürlich durfte an diesem Abend auch die Antwort der Zeitung „Sun“ auf die Frage der kleinen Virginia aus New York nicht fehlen: „Gibt es einen Weihnachtsmann?“ Mit „Merry Christmas To You“, „Winter Wonderland“ und dem Spiritual „Go Teil It On The Mountain“ wurde bei der Reise ein längerer Aufenthalt in den USA eingelegt. Endstation war dort allerdings noch nicht. Denn das begeistert applaudierende Publikum bekam als Zugaben Jose Felicianos Weihnachts- Popsong „Feliz Navi-dad“ und ein ganz leises „Fein sein, beieinander bleibn“ aus Tirol geboten.
Eine etwas andere Einstimmung auf das Weihnachtsfest mit großartigen Musikern und einer bezaubernden Berivan Kaya.
Allgäuer Zeitung, 22.12.2011 – Klaus D. Treude
Foto: Harald Langer
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