Charmant und auch auf Schwyzerdütsch

Charmant und auch auf Schwyzerdütsch

Der Sizilianer Pippo Pollina versteht, das Publikum im Satchmo’s zu begeistern

Kaufbeuren Ein volles Haus war quasi garantiert, als der sizilianische Cantautore Pippo Pollina im Live-Club von Uncle Satchmo gastierte. Mit seiner rockigen Stimme verstand der 46-Jährige vom ersten Lied an zu begeistern. Ob sanft, wie beim sizilianischen Liebeslied „Luntami“, oder mit röhrender Reibe isenstnmne mit „Sambadio*“ bot er nicht nur etwas für das Ohr, sondern dank seiner poetischen und sozialkritischen Songs auch etwas für Herz und Verstand. Auch wenn er fast ausschließlich in italienischer Sprache singt, so ist dank seiner charmanten Einführung mit schwy-zerdütschem Akzent (er lebt seit über 20 Jahren in Zürich) jeder in der Lage, den Texten zu folgen.

Dazu erläuterte er Hintergründe – etwa beim „Tango per due“ -, wie noch in den 1950er Jahren in Buenos Aires der Tango als eine Art Lebensphilosophie nur von Männern getanzt wurde, da jede Öffentliche Zurschaustellung von Erotik zu jener Zeit verpönt war. Seinen Werdegang vom Jurastudenten zum Rocksänger mit eigener Band „Agricantus“, wie auch von seinen Reisen und der künstlerischen Zusammenarbeit mit Georges Moustaki und Konstantin Wecker (den er auch großartig zu imitieren versteht) erzählt er anschaulich und humorvoll. Dazwischen lädt er sein Publikum ein, aus seinem reichhaltigen Repertoire an Songs Wünsche zu äußern.

Immer wieder gibt es auch kritische Töne des sizilianischen Barden zu hören: Mit dem Lied vom Caffe Caflisch beschreibt er nicht nur die Nöte von Auswanderern, sondern kritisiert auch sein Heimatland für seine rigide Politik in Sachen Einwanderung. Seine unverwechselbare Stimme begleitet er höchst virtuos selbst am Keyboard und mit der Gitarre. Eine Besonderheit stellt dabei das Tamburin dar, dem er zu „Tambura e voce“ Töne zu entlocken versteht, die in Erstaunen versetzen und mitreißen. So war nach der unvermeidlichen Zugabe der „heimlichen italienischen Nationalhymne“ – „Bella Ciao“ – noch lange nicht Schluss: Nach „Sotto la ruota“ stimmte das immer noch heftig applaudierende Publikum anerkennend ein, als er mit dem Konstantin-Wecker-Lied „Was für eine Nacht“ endete.

Der 46-jährige Pippo Pollina bewegt sich leichtfüßig zwischen dem italieni-, sehen und dem deutschen Kulturkreis.

 

Allgäuer Zeitung, 2.12.2009 – Elisabeth Klein

Foto: Elisabeth Klein

 

Erfrischend unkonventionell

Uncle Satchmo’s Vivid Curls mit letztem Konzert vor der Babypause

Kaufbeuren Es gibt ganz unterschiedliche Arten der Brauchtumspflege. Selten kommt sie so erfrischend unkonventionell daher wie bei den beiden musikalischen Lockenköpfen der Vivid Curls. Irene Schindele (Akustikgitarre und Gesang) und Inka Kuchler (Gesang und Mundharmonika) sind mittlerweile über die Region hinaus bekannt für ihre gefühlvollen und dabei schnörkellosen Songs in Allgäuer Mundart, mit denen sie ihrer Heimat mit den charakteristischen „Wiesa, Baim und Berg“ huldigen. Dass das Wiggensbacher Frauenduo auch in Kaufbeuren eine Fangemeinde hat, zeigte sich im ausverkauften Uncle Satchmo’s „Unser letztes Konzert vor unserer gemeinsamen Babypause“, wie Inka Kuchler bei der Begrüßung des erwartungsvollen Publikums ankündigte. Ein Umstand, durch den die beiden Vivid Curls nichts von ihrem Temperament und ihrer Bühnenpräsenz einbüßten. Titel vom „Allgäu“-Album wie „Ganz oifach it miad“ und „D’eigene Grind“ wurden ebenso kraftvoll vorgetragen wie die Coverversionen von Melissa Etherigdes „Like the way I do“ und „Taking the long way“ von den Dixie Chicks.

Diese Ausflüge hin zu US-Rock und Country wechselten sich ab mit spanischen Klängen und eigenen Songs aus dem Allgäuer Mundart-Repertoire, die zum genauen Hin­hören animieren. Denn zeitlose Themen wie Heimat(-liebe) werden von den beiden köpfen ebenso vertextet wie Kritik an sozialen Missständen, die selbst beim Weihnachtslied „Christkind fliag“ anklingt. Gekonnt verbinden die Vivid Curls Tradition und Moderne und lassen sich auf keine bestimmte Richtung festlegen. „Zwischen Folk und Akustik Rock“, so ordnen sie sich selbst ein.

Seit fünf Jahren

Seit fünf Jahren wandert das erfolgreiche Duo von Bühne zu Bühne, seit 2007 unterstützt von einer Drei-Mann-Band. So treten sie bei ihren Konzerten mal als Akustik-Duo, mal als Band unplugged, mal in Band-Vollformation auf. Auch wenn im Ursprung der Vivid Curls die Performance zu zweit ist: Die drei Allgäuer Musiker ergänzen das Duo perfekt, verleihen den Songs Volumen, ohne den Gesang zu übertönen. Werner K begeisterte das Publikum im Satchmo’s mit einem mitreißenden Solo. Auch Schlagzeuger Markus Wohner und Bassist Peter Wachter konnten bei der Zugabe noch einmal ihr Können demonstrieren. Ein gelungener Tourabschluss für die Vivid Curls, die ihre Fans nicht lange warten lassen: Das erste Konzert nach der Babypause ist bereits für den 23. April 2010 im Kaminwerk/Kulturzentrum Memmingen geplant. Zeitgleich erscheint die neue CD.

Das Duo aus Wiggensbach ist seit fünf Jahren erfolgreich.

 

Allgäuer Zeitung, 2.12.2009 – Kirsten Posautz

Foto: Harald Langer

 

Wechselhaft, aber heiter

Wechselhaft, aber heiter

Konzert „Klezmer Connection“ macht gute Musik und gutes Wetter

Kaufbeuren Klezmer ist eine Gratwanderung. Er fordert bedingungslose Leidenschaft und absolute Disziplin zugleich. Nirgendwo sonst in der Musik ist die Gefahr so groß, ins Unglaubwürdige abzurutschen. Die Verführung lauert hinter jedem Akkord – und die Verantwortung ist immens: Als Hochzeitsmusik ist Klezmer auch eine Wettervorhersage für die nächsten 50 trauten Jahre. Und dieser musikalische Vorgriff auf das künftige Eheleben sollte halbwegs realistisch ausfallen. Also bitte schön nicht zu viel Leid und auf keinen Fall zu viel Glückseligkeit.

Wie routiniert und beeindruckend frisch man diesen Wunsch erfüllen kann, zeigte die „Klezmer Connection“ aus Österreich beim Kulturring-Konzert im Adlerkeller. Das eigentlich Überraschende an der Salzburger Profi-Formation ist aber nicht nur die Besetzung einer (traditionell überwiegend instrumentalen) Klezmer-Band mit einer Sängerin. Auch bei der Interpretation des alten Liedgutes gehen die Musiker ihre eigenen Wege. Beim neuesten Projekt, der im Februar erschienenen CD „Meschuge“, lassen sie den Klezmer auch international auf Reisen gehen. Mit Folgen: Da blitzt schon mal kurz ein deftiger Reggae auf, um gleich wieder von einem jazzig angehauchten Blues abgelöst zu werden. Die von Marion Ellmer auf jiddisch vorgetragenen Lieder lassen aber keinen Zweifel daran, dass es sich beim Klezmer um einen fröhlich-ernsthaften Blick in die Zukunft handelt.

Fazit: Ein feiner, mit viel Applaus bedachter Klezmer-Abend mit einer spieltechnisch überragenden Band, die Klezmer-Musik ins Heute transferiert, ohne ihr die historischen Wurzeln zu nehmen.

 

Allgäuer Zeitung, 12.05.2009 – Otto Fritsch

Foto: Otto Frisch

Keine Angst vor Berlusconi

Keine Angst vor Berlusconi

Pippo Pollina beweist politische Geradlinigkeit und musikalisches Können

Kaufbeuren Ein Stück Italien brachte Sängerpoet Pippo Polina bei seinem Auftritt in die Kellerbühne „Uncle Satchmo’s“. Doch nicht das Postkarten-Italien, sondern das Land der Bewohner, die sich nicht darum scheren, ob es ihrem Ministerpräsidenten passt, wenn sie das revolutionäre „Bella Ciao“ am ersten Maifeiertag singen, stand an diesem Abend im Mittelpunkt.

Der 45-Jährige erklärte es mit einem Scherz: „Was ist der Unterschied zwischen Gott und Berlusconi? – Gott glaubt nicht, dass er Berlusconi ist!“ Damit zählt der in Palermo geborene Sizilianer zu den wenigen italienischen Künstlern, die dem Medienmogul und wichtigstem Mann im Staat mit Kritik zu begegnen wagen. Doch zum einen lebt Pollina in der Schweiz und zum anderen ist er dafür bekannt, unbequeme Wahrheiten auch in seinen Liedtexten nicht zu unterdrücken. Wenn er von den „Cento Passi“, den hundert Schritten singt, erzählt er die Geschichte eines Jungen, der in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gegen die Korruption kämpfte und ein Opfer der Cosa Nostra wurde.

Er glaubt daran, dass Musik und Kunst eine Aufgabe haben, nämlich die, sich für gesellschaftliche Veränderungen einzusetzen. Seine Hommage an den ermordeten chilenischen Dichter Victor Jara „II giorno del falco“ gehört ebenso dazu, wie „Questa nuova Realtä“ (Diese neue Wirklichkeit) über das Erstarken der rechtsextremen Szene in Deutschland und Italien. Doch ist dies nur die eine Seite des Cantauto-re, des vielseitigen Liedermachers, der seine Texte neben Italienisch auch in Deutsch, Französisch und Englisch vorträgt. Er versteht auch, glänzend zu unterhalten, wenn er über einen Hund namens „Fido“ singt, oder zwischen seinen Liedern Geschichten erzählt. Geschichten von seinem Aufenthalt in Argentinien, der Heimat des Tangos, der bis in die 1940er Jahre hinein allein von Männern getanzt wurde und nicht allein Musik sei, sondern ein ganzes Lebensgefühl ausdrücke.

Pollina ist obendrein ein Virtuose am Keyboard, der Gitarre und erst recht am Tamburin, mit dem er wahre Begeisterungsstürme des Publikums im Jazzkeller entfesselte. Mit diesem war er bei seinem Auftritt stets im Dialog und ließ aus einer Liste seines umfangreichen Repertoires auch Publikums-Wünsche zu, die er mit seiner ausdrucksstarken Stimme erfüllte.

Eine lebendige und sehr persönliche Konzertatmosphäre, die echtes, italiensches Lebensgefühl vermittelte. Davon konnten die Zuschauer gar nicht genug bekommen und erklatschten sich zahlreiche Zugaben, ehe sie den Ausnahmekünstler gehen ließen.

 

Allgäuer Zeitung, 09.04.2009 – Elisabeth Klein

Foto: Elisabeth Klein

Max Greger auf die Schuhe schauen

Max Greger auf die Schuhe schauen

Der Saxofon-Star hat auch schon im Kaufbeurer „Uncle Satchmo’s“ gespielt. Das Ehepaar Mergenthaler-Rech bringt hauptsächlich Jazz auf die Kellerbühne Lieder

Kaufbeuren Eigentlich könnte sich Rudi Mergenthaler ja selbst auf die Bühne stellen und seine Späße machen. Dummerweise ist es mit seiner Schlagfertigkeit jedoch vorbei, sobald er ein Mikrofon in der Hand hat. Deswegen überlässt er Bühne und Mikro doch lieber seiner Frau Yvonne Rech – oder Kabarettisten und Musikern. Seit 1997 betreiben die beiden Wirtsleute des Kaufbeurer „Adlerkellers“ im Bierkeller des Gebäudes den Club „Uncle Satchmo’s“, der vor allem Jazzfans aus der Region ein fester Begriff ist.

An den Wänden hängen Schwarzweiß-Plakate von Jazzgrößen wie Duke Ellington, über der Bar prangen zwei E-Gitarren: Wenn abends die Besucher ins „Satchmo’s“ strömen, tun sie es zumeist um der Musik Willen. „Wir sind der einzige kommerzielle Jazzclub in Deutschland“, behauptet Mergenthaler. Er meint damit: Das „Satchmo’s“, mit gerade mal 80 Plätzen doch recht klein, kommt ganz ohne öffentliche Zuschüsse aus. „Wir wollten immer unabhängig sein“, betont die 61-jährige Yvonne Rech.

Doch um das zu bleiben, müssten sie ein Programm bieten, „bei dem für jeden etwas dabei ist“, so der 55-jährige Mergenthaler: Jazz und andere Musik, Kabarett, Themenabende oder die beim Publikum beliebten Travestie-Shows. Mit Jazz allein sei heutzutage kein Schnitt zu machen.

Am Anfang des „Uncle Satchmo’s“ stand Petrus. Denn immer dann, wenn im Adlerkeller-Biergarten – das Restaurant betreiben die beiden schon seit Mitte der 1980er Jahre – gejazzt werden sollte, schickte der Wetterapostel Regen. Irgendwann wurde es Mergenthaler zuviel:- Als neue Indoor-Location hatte er den ungenutzten Bierkeller des eigenen Lokals ausgemacht. In zwei, drei Monaten wäre dieser flott umgebaut. Eine Schnapsidee, fand seine Frau zunächst. Mergenthaler legte trotzdem los. Aus den drei Monaten wurden zwei Jahre. Doch dann war er fertig, der eigene Club.

Großes Selbstbewusstsein

Bereut hat es das Betreiberehepaar nie, an Selbstbewusstsein mangelt es den beiden sowieso nicht. Warum auch: Schon einige Male gelang es der ehemaligen Stewardess und Radiomoderatorin Yvonne Rech, die für das Booking im „Satchmo’s“ zuständig ist, Künstler in das Gewölbe zu locken, die sonst vor weit größerer Kulisse spielen – durch Verhandlungsgeschick und, wenn nötig, auch durch Penetranz. „Yvonne, ich komme nach Kaufbeuren, du gibst sonst ja keine Ruhe“, soll die Sängerin Harriet Lewis einmal sinngemäß gesagt haben. Hartnäckigkeit zahlt sich aus.

Auch bei Max Greger – sowohl dem Junior als auch dem Senior. Der Sohn kommt mehrmals im Jahr, der Vater musiziert auch gerne im Kaufbeurer Jazzkeller. „Yvonne“, habe der Altmeister laut Rech, „seit 40 Jahren hat das Publikum zum ersten Mal wieder meine Schuhbändchen gesehen.“

Mit Greger verbunden ist wohl auch der größte Erfolg des „Uncle Satchmo’s“: Gemeinsam mit seinem Sohn und Hugo Strasser spielte er an drei Tagen nacheinander in Kaufbeuren, dreimal volles Haus – obwohl die Karten für diese außergewöhnliche Veranstaltung mit je 160 Euro geradezu sündhaft teuer waren. „Vor der Tür sind sie für noch mehr Geld gehandelt worden“, berichtet Mergenthaler.

Auf andere Gäste ist man nicht weniger stolz: auf den italienischen Liedermacher Pippo Pollina etwa, der demnächst wiederkommen wird, auf den Beatles-Entdecker Tony Sheridan oder die Gruppe Quadro Nuevo. Doch Mergenthaler und seine Frau haben noch Pläne – und Träume. Einmal Peter Maffay im „Satchmo’s“ und einmal Joe Cocker wünscht er sich. Verwegene Wünsche. Doch bei Max Greger hätte man das ja auch gedacht.

Das „Uncle Satchmo’s“

● Gründung: 1997 im historischen Bierkeller des Restaurants „Adlerkeller“
● Bisherige Gäste: unter anderem Max Greger senior und junior, Tony Sheridan, Benny Bailey, Kiazz Brothers & Cuba Percussion. Christian Überschau
● Aktuelles Programm: No Worries Mate (3. April), Pippo Poilina (5. April), Perfect Soulution (25. April).
● Kontakt und Reservierung: Telefon 08341/2441, E-Mail:

 

Allgäuer Zeitung, 01.04.2009 – Marcus Golling