Die Herren bitten zum „Mambozart“

Um das dicke Lob gleich vorwegzunehmen: Sie machen technisch erstklassige Musik, die drei Klassik-Jazzer an Piano, Bass und Schlag­zeug, zusammen mit den zwei Kuba-Perkus­sionisten. Auf ihrer aktuellen Herbst-Tournee quer durch Deutschland stellen sie abwech­selnd ihre zwei CDs vor: Im ausverkauften Uncle Satchmo’s (wie demnächst in Berlin und München) war „Classic meets Cuba“ zu hören, während in Leipzig, Neuburg oder Re­gensburg „Jazz meets Cuba“ auf dem Pro­gramm steht.

Die klug ausgedachte Zweiteilung macht Sinn, ist aber nicht ohne Delikatesse. Denn kein Jazzfan wird etwas gegen kubanische Rhythmen mit jazzigen Melodien und umge­kehrt haben. Afro-kubanischer Jazz gehört seit Dizzy Gillespie, also seit einem halben Jahrhundert, zum Repertoire jeder anspruchs­volleren Jazzband mit Stilspektrum. Ganz an­ders liegt der Fall bei dem modischen Cross­over-Geschäft der Vermarktung hierzulande populärer Klassik-Werke mit Jazz- oder Pop-­Elementen, sprich Schlagzeug und Bass. Da stellen sich so manchem Klassikfreund die Nackenhaare gleich büschelweise auf. Gott sei Dank „verbraten“ die „Klazz Brothers“ To­bias Forster (Klavier), Kilian Forster (Kontra­bass) und Tim Hahn (Schlagzeug) beispiels­weise Mozarts g-Moll-Sinfonie (Nr. 40) auf originelle Weise. Nämlich von vornherein auf den Kopf gestellt als „Mambozart“, will hei­ßen Mambo – superstark, an 4 (!) Congas Elio Luis und an den Timbales sowie Bongos Alexis Estevez – unter Verwendung von Me­lodieteilen Mozarts.

Trotzdem Argumente gefällig gegen solche „Fusion“ von deutscher Klassik und Kuba­-Folklore mit scheinheiligem Schielen aufs größere Publikum? Mozart oder auch Beet­hoven haben eben ganz bewusst nicht mit Schlagwerk arrangiert. Denn diese Sonaten und Sinfonien sind voll von rhythmischen Spannungen, feineren Feelings und Akzen­ten, die gerade dadurch wirken, dass sie nicht ge- und zerschlagen werden. Deshalb ist es nur logisch, wenn die Musik der „Klazz Brothers“ immer dann wirklich gut ist und auch den Kenner überzeugt, wenn sie das klassische Material weitgehend verfremdet. Solchem Anverwandeln kommen etwa die Ungarischen Tänze von Brahms oder Bizets Habanera besonders entgegen: als waschech­te Salsa, garniert mit berückend folkigen Kla­vier-Montunos, nicht zu reden von den einge­streuten Könner-Soli an Bass, Drums, Congas und Timbales. Hand aufs Herz, ihr Klazz Brothers, wären euch persönlich nicht mehr eigene Kompositionen lieber als die „olle Klassik“ (so Moderator Kilian Forster) im Schlepptau? Dann könntet Ihr auch den bra­ven Chorknaben-Look (schwarzer Anzug, enge Krawatte) mit farbigeren, bequemen Jazz-Klamotten vertauschen. Bestimmt nicht zum Schaden eurer hervorragenden Musik.

 

Rainer Schmid, Kaufbeuren