Die Lästerschwästern – Das Kabarett-Duo und seine Vorschläge zur Fortpflanzung
Kaufbeuren Ein Kabarettabend, der mit einer Schweigeminute beginnt? Ungewöhnlich, doch Hintergrund des Auftritts der „Lästerschwästern“ war schließlich ein ernstes Thema: Die Deutschen sterben aus! Mindestens 50 Prozent mehr Kinder werden gebraucht, um den schleichenden Untergang der Deutschen zu verhindern, bevor diese auf der Artenschutzliste erscheinen und die wenigen verbliebenen Babys in Streichelzoos enden.
„Poppst du noch oder zeugst du schon“ hieß sinnigerweise das Programm der „Schwästern“ D’oro Thea Riemer und Martina Wick-Laudahn, in dem sie sich bei ihren Gastspiel im Uncle Satchmo mit dem wichtigsten Thema seit Anbeginn der Menschheit beschäftigten. Kein weiter Weg vom Eiweißsprit-zerl zur Menschwerdung? Weit gefehlt! Drei verschiedene Blickwinkel waren es, aus denen die beiden 50-jährigen sich dem vermeintlich kurzen Augenblick in epischer Breite näherten.
Dabei schlüpften sie in die unterschiedlichsten Rollen, wie etwa die der beiden Stammtischbrüder Faus-ti und Gustl, die von einem Samenhandel träumen, der ihnen uner-messlichen Wohlstand beschert. Als Karrierefrauen des Fortpflanzungszentrums „Design a Baby“, in dem unterschiedliche Keimzellenmischungen wie „Global Player“, „Euro-Mischung“ oder „CSU-Mischung mit eingebautem Papst-Gen“ und sogar eine „Barbie-Intel-ligenz-Mischung“ angeboten werden, nahmen sie konträre Standpunkte ein. Während D’oro auf einen Businessplan mit genauem Spermiogramm für das nach Wunsch designte Baby schwor, vertrat Martina die Bioschiene nach Mondphase und Feng-Shui. Ihr sind der „Röhr’l-Toni und s’Pipetten-Annerl“ einfach suspekt.
Die Qual der Wahl
Höhepunkt war jedoch der dritte Blickwinkel auf Samenzelle und Eizelle, die sich einen verbalen Kampf um die Verschmelzung liefern. Während Martina als Samuel alles tat, um die zickige Eileen herumzukriegen, wollte sich diese nicht von jedem daher geschwommenen Hodenflüchtling erobern lassen. Dabei gab sich Samuel alle Mühe, intonierte sogar selbst verfasste Gedichte, doch vergebens. Ehe Eileen erkannte, dass sie nur die Wahl zwischen Verschmelzung oder Zwangsräumung hat, wurde ihr Betrieb nach langen Jahren geschlossen.
Nur mit unterschiedlichen Kopfbedeckungen wechselten die „Lästerschwästern“ ihre jeweiligen Rollen und philosophierten, witzelten und überspitzten in bester Kabarettkunst. Dabei wurde derart hemmungslos über die Stränge geschlagen, dass der Niederbayerin Wick-Laudahn irgendwann sogar die Stimme versagte. Nach einer Hustenbonbonspende aus dem Publikum konnte schließlich weiter gelästert und die Vorstellung eines tragbaren Uterus ausgebreitet werden. „Das wäre doch Outsourcing im besten Sinne: kein dicker Bauch und Cellulitis, keine Krampfadern“.
Schrill und skurril bezogen sie in ihr Programm auch die Zuschauer mit ein, indem vor der Pause an alle potentiellen Samenspender Pappbecher verteilt wurden. Ein freches und zugleich dreistes Unterfangen, auf das sich ein bestens gelauntes Publikum gerne einließ. Gab es doch wäh rend des ideenreichen Programms im Zentrum der Erzeugung reichlich zu lachen, ohne dass die beiden Damen allzu heftige Hiebe unter die Gürtellinie austeilen mussten.
Allgäuer Zeitung, 28.10.2008 – Elisabeth Klein
Foto: Langer
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