Pippo Pollina beweist politische Geradlinigkeit und musikalisches Können

Kaufbeuren Ein Stück Italien brachte Sängerpoet Pippo Polina bei seinem Auftritt in die Kellerbühne „Uncle Satchmo’s“. Doch nicht das Postkarten-Italien, sondern das Land der Bewohner, die sich nicht darum scheren, ob es ihrem Ministerpräsidenten passt, wenn sie das revolutionäre „Bella Ciao“ am ersten Maifeiertag singen, stand an diesem Abend im Mittelpunkt.

Der 45-Jährige erklärte es mit einem Scherz: „Was ist der Unterschied zwischen Gott und Berlusconi? – Gott glaubt nicht, dass er Berlusconi ist!“ Damit zählt der in Palermo geborene Sizilianer zu den wenigen italienischen Künstlern, die dem Medienmogul und wichtigstem Mann im Staat mit Kritik zu begegnen wagen. Doch zum einen lebt Pollina in der Schweiz und zum anderen ist er dafür bekannt, unbequeme Wahrheiten auch in seinen Liedtexten nicht zu unterdrücken. Wenn er von den „Cento Passi“, den hundert Schritten singt, erzählt er die Geschichte eines Jungen, der in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gegen die Korruption kämpfte und ein Opfer der Cosa Nostra wurde.

Er glaubt daran, dass Musik und Kunst eine Aufgabe haben, nämlich die, sich für gesellschaftliche Veränderungen einzusetzen. Seine Hommage an den ermordeten chilenischen Dichter Victor Jara „II giorno del falco“ gehört ebenso dazu, wie „Questa nuova Realtä“ (Diese neue Wirklichkeit) über das Erstarken der rechtsextremen Szene in Deutschland und Italien. Doch ist dies nur die eine Seite des Cantauto-re, des vielseitigen Liedermachers, der seine Texte neben Italienisch auch in Deutsch, Französisch und Englisch vorträgt. Er versteht auch, glänzend zu unterhalten, wenn er über einen Hund namens „Fido“ singt, oder zwischen seinen Liedern Geschichten erzählt. Geschichten von seinem Aufenthalt in Argentinien, der Heimat des Tangos, der bis in die 1940er Jahre hinein allein von Männern getanzt wurde und nicht allein Musik sei, sondern ein ganzes Lebensgefühl ausdrücke.

Pollina ist obendrein ein Virtuose am Keyboard, der Gitarre und erst recht am Tamburin, mit dem er wahre Begeisterungsstürme des Publikums im Jazzkeller entfesselte. Mit diesem war er bei seinem Auftritt stets im Dialog und ließ aus einer Liste seines umfangreichen Repertoires auch Publikums-Wünsche zu, die er mit seiner ausdrucksstarken Stimme erfüllte.

Eine lebendige und sehr persönliche Konzertatmosphäre, die echtes, italiensches Lebensgefühl vermittelte. Davon konnten die Zuschauer gar nicht genug bekommen und erklatschten sich zahlreiche Zugaben, ehe sie den Ausnahmekünstler gehen ließen.

 

Allgäuer Zeitung, 09.04.2009 – Elisabeth Klein

Foto: Elisabeth Klein