Musikalischer und kabarettistischer Cross Over

Dr. Ernst Spähmann ist Musikprofessor. Er hasst Schroeder https://phonelookupbase.com , Hermann Schroeder, dessen Orgelwerke er als
Schüler schon nicht mochte. Dr. Spähmann parodiert heute Kanzler Schröder. Parodiert er auch sich selbst? Ist es Kabarett? Oder Nonsens? Oder ist das alles Programm? Dr. Spähmann ist Walter Dolak das jedenfalls ist Tatsache. Dass er virtuos mit dem Piano umgehen kann, ebenfalls. Und dass er vor Ideenreichtum nur so sprüht, auch. Die Gäste im Uncle Satchmo’s finden die Politik-Musik-Show gut, wenn es auch ein wenig dauert, bis das Publikum mitgeht.

Aber der Reihe nach: Kanzler Schröder richtet also sein Grußwort ans Publikum und ist schon im rot-grünen
Fahrwasser: Erneuerung bedeutet für ihn neue Schulden, neue Abgaben und Solidarität ist die Chance, ja das Recht für jeden, arbeitslos zu werden. Dafür stehen wir! Dolak wechselt ans Klavier. Weiter geht’s mit bekannten Liedern (Horch was kommt von draußen rein) und dem Türkischen Marsch von Mozart, aus denen er die orientalischen Elemente herausarbeitet. Der Musikprofessor meint jedoch, in heutigen Zeiten seien diese in Anbetracht der Gefahren aus dem Nahen Osten mit Vorsicht zu genießen. In einem Liederbuch von 1960 findet er das Stück Erwachet ihr Schläfer (Hoffentlich hört das keiner!), das er mit seinem Musikkollegen Georg Wolf auf außergewöhnliche Weise zum Besten gibt. Während Dolak am Klavier die Originalmelodie spielt, demonstriert Wolf auf dem Vibraphon, dass darauf auch Jazzklassiker wie How high the Moon oder etwa Tuxedo Junction projiziert werden können. Schwer zu spielen in einem mit Schwierigkeiten gespickten Stück, das vor Trillern, Prallern und Synkopen nur so strotzt. Leicht schulmeisterlich.

Ein Thema mit zahllosen Variationen bietet der Vergleich von klassischen Stücken mit Pop-, Rock- und Werbejingles. Alle meine Entchen kommt in Smetanas Moldau vor, aus Mozarts Rondo hat Andrew Lloyd Webber Jesus Christ Superstar gemacht und aus einem Brahms, den er nicht so schnell spielen konnte, wurde Don’t cry for me Argentina, erklärt Professor Spähmann etwas schulmeisterlich. Da kann er dann doch seine eigentliche Profession nicht verbergen, unterrichtete er doch einst als verbeamteter Musiklehrer Schüler verschiedener Gymnasien. Endlich darf dann Georg Wolf nochmal in Aktion treten als afrikanischer Juruba-Mann, am Vibraphon mit bluesigem Gesang und am Schlagzeug. Mit seinem herausragenden Trommelsolo Die Zeit vor der Zeit entführt er das Auditorium in die Urwelt, die Urzeit, den Ursprung. Dann ist Spähmann wieder zu Parodien aufgelegt. Schily, Stoiber, Herzog oder Rudolf Scharping, den er besonders gut drauf hat, kommen zu Wort. Durchsetzt sind diese Imitationen vom Klassik-Pop cross-over. Die Überraschungseffekte, beispielsweise den TicTacToe-Hit Ich find dich scheiße in Johann Sebastian Bachs c-Moll-Präludium wiederzufinden, kommen gut an. Überhaupt, mit Vergleichen von Bachs Präludien mit zeitgenössischer populärer Musik, kann Walter Dolak gar nicht mehr aufhören.

Trotz aller Ideen, eine Straffung des Drei einhalb-Stunden-Auftritts würde allen gut tun, kämen so doch die Höhepunkte besser zur Geltung. Das fürs nächste Programm.

23.11.2002, Gabriele Klauer