Die Kaufbeuren-Premiere von „Hiss“ bei Uncle Satchmo’s

Auch im schnelllebigen Kulturbetrieb kann sich Geduld noch auszahlen: Zwei Jahre war Yvonne Rech hinter der Band her, bis es endlich mit dem Auftritt der fünfköpfigen Gruppe „Hiss“ im Uncle Satchmo’s klappte. Und das lange Warten auf die neue „Hiss“-CD „Polka für die Welt“ und Stücke wie „Heimatklänge aus dem Hindukusch“ hat sich mehr als gelohnt.

Schon beeindruckend, mit welcher Präzision die Südstaaten-Schwaben von „Hiss“ ans Werk gehen: Glasklare Ansagen, perfekte Intonation, jeder Akkord, jeder Chor-Einsatz kommt in Studioqualität rüber. Und wenn man schon glaubt, es geht nicht mehr besser, gibt’s als Draufgabe noch eine bluesig-satte Mundharmonika-Einlage zum Niederknien. Verständlich, dass sich manche
„Hiss“-Fans keinen Auftritt entgehen lassen, selbst wenn dafür ein paar Hundert Kilometer abgespult werden müssen.

Dass sich die fulminante Fünfer-Combo dabei der Einordnung in eine Stilschublade entzieht, hat Methode. Bandleader Stefan Hiss und seine Mannen sind Globetrotter in Sachen Musik. Südstaaten-Rock, Polka, Country, Klezmer, Cajun, Märsche, Balladen, Volkslieder und und und: Was gefällt, wird eingebaut. Hauptsache, der Rhythmus stimmt und es steckt so richtig Dampf
dahinter. Das musikalische Spektrum der Band sprengt jede Schublade. Selbst der Allzweckbegriff „Worldmusik“ greift hier nicht. Diesen Sound gibt’s vielleicht im Fahrstuhl, aber nicht bei „Hiss“.

Kein Platz für die Polka

Nur bei den Texten herrscht Einigkeit: Es geht um das Leben, die Liebe und den Schmerz. Themen eben, die ewig währen, mitwachsen und auch gestandenen Profimusikern immer neue Interpretationsmöglichkeiten bieten. Der einzige Wermutstropfen der gelungenen Kaufbeuren-Premiere von „Hiss“:

Zum Polka-Tanzen fehlte der Tanzboden und ein paar Leute mehr hätten sicherlich auch in die Kellerbühne gepasst. Das wird sich bis zum nächsten Auftritt der schrägen Band aus dem Süden sicher noch ändern.

 

Allgäuer Zeitung, 06.03.2004 – Otto Fritsch

Foto: Langer